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So sind unsere Freunde in die Ausbildung gestartet

Sami, Tewen, Ali, Pinar, Sohrab und Bagdash - alle haben eine Lehre oder ein Studium angefangen. Nun erzählen sie, wie sie die ersten Wochen erlebt haben.


Sami, Schreinerpraktiker EBA



Ich habe heute meine ersten praktischen Prüfungen in den Werkstätten der Technischen Fachschule Bern. Wir haben den Auftrag, ein Fotoatelier auszustatten, und haben bis am Abend Zeit. Ich war schon in Afghanistan in einem technischen Beruf, als Mechaniker, tätig. Ich wollte hier wieder mit den Händen arbeiten und nicht am Computer sitzen. Die Methoden in der Schweiz sind ein bisschen anders als bei uns. Nein, eigentlich ganz anders. In meinem Land gibt es keine Ausbildungen, man kann direkt auf die Baustelle gehen und lernt die Tätigkeit dort. Und so moderne Maschinen gibt es auch nicht. Die Schule ist ein bisschen schwierig für mich. All meine Mitschüler sind schon mindestens sechs Jahre in der Schweiz, ich erst seit anderthalb Jahren. Aber trotzdem hatte ich einen guten Start. Wir haben letzten Woche eine Prüfung gehabt und ich habe die Note 6 erhalten. Ich war sehr überrascht, der Lehrer sagte zu mir: Weiter so!



Tewen, Vorlehre als Küchenangestellte


Ich bin in viele, viele Restaurants gegangen und habe gefragt, ob sie Arbeit für mich haben. Ich bin einfach reingegangen und habe gesagt: "Ich möchte hier schnuppern, und vielleicht haben sie nachher einen Platz für mich." Der Chef des Restaurants, in dem ich jetzt arbeite, hat sofort Ja gesagt. Ich habe fünf Tage geschnuppert, dann konnte ich die Vorlehre beginnen. Ich wasche viel ab und schneide oft auch Gemüse und Salat. Die Arbeit ist manchmal schwierig. Ich musste zuerst lernen, wie all die Gegenstände heissen. Aber ich arbeite sehr gerne und bin froh, dass ich etwas gefunden habe. Ich möchte unbedingt eine Lehrstelle für nächstes Jahr finden.



Sohrab, Vorlehre Sanitärinstallateur


Ich habe im Iran 12 Jahre als Schreiner gearbeitet, habe Stühle, Tische und andere Möbel hergestellt. Es ist jetzt ein bisschen merkwürdig, dass ich im Alter von 30 Jahren wieder ein Lehrling bin und die Werkstatt putzen muss mit "Schüfeli und Bäseli". Ich kann noch nicht so gut Deutsch sprechen. Ich muss die Namen all der Werkzeuge zunächst lernen: Winkelschleifer und Kreuzschraubenzieher. Der Teamleiter sagt immer: "Abe", "ufe". Ich laufe jeden Tag Hundert Mal "abe" und "ufe". Aber es ist gut, auch wenn es Tausend Mal wäre, würde ich es machen. Die Arbeit gefällt mir sehr und ich ziehe das durch.


In den Pausen gehen meine Mitarbeitenden oft in einen Laden, um etwas zu kaufen. Aber ich verdiene ja in der Vorlehre gar nichts.* Darum kaufe ich höchstens mal das Günstigste. Es wäre schon schön, ein bisschen eigenes Geld zu verdienen. In der Schule habe ich manchmal Angst, dass ich das nicht schaffen kann. Ich habe zum Beispiel nie Mathematik gelernt. In meiner Kindheit konnte ich nur zwei Jahre in die Schule gehen und habe früh gearbeitet. Jetzt muss ich alles nachholen. Dafür läuft es bei der Arbeit sehr gut. Dank meiner Arbeitserfahrung kann ich schon viele Dinge alleine machen. Ich bin schon mehrere Jahre in der Schweiz und habe das Gefühl, dass ich viel Zeit verloren habe. Jetzt habe ich einen Plan, ich gehe am Morgen zur Arbeit und bin am Abend müde - es ist sehr gut für mich.



Pinar, Studium Lebensmittelwissenschaften FH



Es gibt nur ein Problem: Schweizerdeutsch. Die Dozenten sprechen Hochdeutsch, aber die Studentinnen und Studenten reden untereinander immer Schweizerdeutsch. Es nervt mich, dass ich sie bei Gruppenarbeiten 1000-mal darauf aufmerksam machen muss. Normalerweise fällt es mir an neuen Orten nicht schwer, Beziehungen aufzubauen. Im Studium ist mir das jedoch noch nicht gelungen. Ich esse immer alleine. Am Anfang habe ich mich deswegen unwohl gefühlt und ich habe mein Selbstbewusstsein verloren. Mittlerweile habe ich jedoch gemerkt, dass ich ganz gerne alleine esse. Wir haben halt eine andere Kultur, das ist so. Abgesehen davon ist das Studium super. In der Türkei müssen wir die Lehrer einfach respektieren. Ich habe gemerkt, dass es an der HAFL keine solche Hierarchie gibt: Die Dozentinnen und Dozenten sind mega nett und hilfsbereit, einige duzen uns sogar. Die Schule ist insgesamt toll, alle sind mega höflich und sympathisch. Ich bin jetzt so extrem motiviert für das Studium. Natürlich habe ich sprachlich mehr Mühe als Andere, aber trotzdem ist meine Motivation ungebrochen. Ich bin froh, dass ich dieses Studium ausgewählt habe.



Bagdash, Vorlehre im Detailhandel


Der erste Monat war ein bisschen schwierig, jetzt ist es viel besser geworden. In den letzten Jahren hatte ich nicht die Möglichkeit, viel zu machen. Nun arbeite ich von Morgen bis Abend, daran musste ich mich zuerst gewöhnen. Wenn mich am Anfang Kunden gefragt haben, wo in unserem Laden sie etwas bestimmtes finden können, konnte ich nicht antworten. Ich war ja auch neu. Jetzt komme ich gut zurecht. Das Team ist sehr nett, wir sind immer zu fünft oder zu sechst. Es ist mir wichtig, dass ich arbeiten kann. Dienstags und mittwochs gehe ich in die Schule. Die Grammatik ist schon schwierig, aber Mathematik geht gut. Ich gehe gerne und ich bin motiviert, zu lernen. Für nächstes Jahr suche ich eine Lehrstelle. Der Detailhandel gefällt mir und am liebsten würde ich bei meinem jetzigen Arbeitgeber bleiben, aber bis jetzt ist noch nicht klar, ob es nächstes Jahr eine Lehrstelle geben wird.



Ali, höhere Berufsausbildung als Bauleiter


Ich wusste, dass meine Ausbildung wegen dem Deutschniveau schwierig werden würde. Ich bin jetzt drei Jahre in der Schweiz und mein Niveau ist B2. In der Ausbildung werden viele Fachwörter verwendet. Wenn ich einen Test schreibe und zum Beispiel 40 Minuten Zeit habe, dann muss ich sehr darauf achten, dass ich alle Fragen richtig lese und verstehe. Ich brauche einfach mehr Zeit dafür als Andere. Während den ersten Tagen der Ausbildung hatte ich die ganze Zeit Stress, weil ich dachte, es gebe vielleicht kleine Tests oder so. Inhaltlich ist die Ausbildung für mich zum Glück machbar, weil ich im Iran lange als Architekt gearbeitet habe und vieles schon kenne. Ich habe viel zu tun und muss am Abend zu Hause lernen, manchmal bis 24 oder 1 Uhr. Die ersten Prüfungen konnte ich zum Glück bestehen.


Alle meine Mitschülerinnen und Mitschüler sind Einheimische. Ich verstehe jetzt besser Bärndütsch als früher, weil bei Gruppenarbeit alle immer Bärndütsch sprechen. Ich möchte dann nicht immer sagen, sie sollen doch bitte Hochdeutsch sprechen. Ich habe jedoch gemerkt: Es ist so wichtig, dass man vor dem Ausbildungsbeginn gut Deutsch lernt. Man wird während der Ausbildung viel weniger Stress haben.



* Genau genommen verdienst Sohrab etwas, die Asylsozialhilfe kennt bei Vorlehren aber keinen Freibetrag. Darum wird der Lohn vollständig vom Sozialdienst eingezogen.

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