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"Ich war froh, dass mir jemand zugehört hat"

H.s* (20) Vater und Schwester wurden vor ein paar Wochen in Afghanistan erschossen. Er beschreibt, warum das Zuhören eine wichtige Aufgabe von Mazay ist.



Foto von Markus Spiske von Pexels.


Vor drei Wochen war meine Situation sehr schlecht. Ich habe meinen Vater und meine Schwester verloren. Ich bin alleine in der Schweiz, ich hatte mit niemandem Kontakt. Ich wusste nicht, was ich machen soll. Darum kam ich zu Mazay.


Mein Vater war in Afghanistan in einer führenden Funktion in einer politischen Partei. Er hatte viele Feinde. Er verliess das Haus zusammen mit meiner Schwester, um etwas einkaufen zu gehen. Beide wurden von politischen Gegnern erschossen. Mein Vater war sofort tot, meine Schwester starb sieben Tage später im Spital.


Die Nachricht ihres Todes traf mich hart. Ich habe zwei Mitglieder meiner Familie verloren. Meine Mutter lebt nun mit zwei kleinen Kindern alleine in Afghanistan, niemand will mehr etwas mit ihr zu tun haben. Sie rief mich an und war verängstigt. Sie glaubt, dass auch sie und die Kinder angegriffen werden können. Darum war ich in einer sehr schlechten Situation. Ich bin noch nicht einmal ein Jahr in der Schweiz und ich kenne hier niemanden. Nur das Mazay-Café kannte ich; ich hatte dort einmal mit Freunden einen Kaffee getrunken.


In den letzten Wochen habe ich zusammen mit Mazay-Freiwilligen einen Antrag für ein humanitäres Visum für meine Mutter und Geschwister vorbereitet. Wir wurden vom Roten Kreuz dabei beraten. Meine Mutter hat einen Brief erhalten, in dem sie aufgefordert wurde, die Kinder für "Training und Erziehung" an die Rivalenpartei auszuliefern. Meine älteste Schwester soll zudem, obwohl sie erst 15 Jahre alt ist, mit einem Parteifunktionär verheiratet werden. Schlimme Dinge würden passieren, wenn sie sich widersetze. Wir schickten dem Staatssekretariat für Migration alle Dokumente und Fotos von dem Brief.


Es war für mich sehr wichtig, dass ich in dieser Situation mit Personen sprechen konnte, die mir zuhören. Ich wollte nicht mit Landsleuten über dieses Thema sprechen, weil ich ihnen wenig vertraue und ich glaube, dass sie auch nichts machen können. Mit den Mazay-Freiwilligen habe ich auch am Abend und sogar am Wochenende gesprochen. Es hat mir geholfen, mich zu beruhigen. Jetzt habe ich eine Alltagsbegleiterin von Mazay.


Der Antrag auf ein humanitäres Visum gibt mir Hoffnung. Ich weiss, dass die Schweiz nur wenige humanitäre Visa vergibt, aber ich habe das Gefühl, dass ich gemacht habe, was ich tun kann.


* Disclaimer: Wir haben einige Details im Text verändert, um sicherzugehen, dass niemand erkennt, um wen es geht. Der Text ist aus dem Englischen übersetzt.


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